Argentinien produziert jährlich rund 30 Mio. Tonnen Siedlungs- und Industrieabfälle, darunter teilweise gefährliche, toxische und pathogene Abfälle, die nur teilweise fachgerecht entsorgt werden. Es mangelt im Land an integraler Entsorgungsinfrastruktur doch ist ein wachsendes Interesse an der Thematik, auch auf Regierungsebene, zu beobachten. Entsprechende Initiativen und Investitionen mehren sich.
Von den jährlich anfallenden fast 30 Mio. Tonnen Siedlungs- und Industrieabfälle in Argentinien, unter denen sich auch gefährliche, toxische und pathogene Abfälle befinden, wird nur ein Teil fachgerecht entsorgt bzw. gelagert. Es mangelt im Land an integraler Entsorgungsinfrastruktur doch ist ein wachsendes Interesse an der Thematik, auch auf Regierungsebene, zu beobachten. Entsprechende Initiativen und Investitionen mehren sich. So wurde beispielsweise im vergangenen Jahr der Plan für produktive grüne Entwicklung ins Leben gerufen, der Investitionen von mehr als 10 Mrd. Pesos vorsieht. Weiterhin ist das Ministerium für Umwelt und nachhaltige Entwicklung als Durchführer an einem Finanzierungsprogramm der IDB (Interamerikanische Entwicklungsbank) beteiligt und verwaltet Mittel in Höhe von 125 Mio. USD, mit denen die integrale Bewirtschaftung (Sammlung, Trennung sowie die sach- und fachgerechte Entsorgung) fester Abfälle in den Städten und Gemeinden verbessert werden soll.
Ebenfalls gegründet wurde eine technische Arbeitsgruppe für Kreislaufwirtschaft, an der Vertreter des Ministeriums für Umwelt und nachhaltige Entwicklung, des Ministeriums für produktive Entwicklung und des Ministeriums für soziale Entwicklung sowie die Papier- und Pappindustrie, die Altmetall-, Kunststoff-, Glas-, Gummi- und Quecksilberindustrie beteiligt sind.
Argentiniens Bevölkerung ist stark auf die Städte konzentriert (90%), ganz besonders auf das Ballungsgebiet um die Stadt Buenos Aires. Laut Statistik beträgt die Müllproduktionsrate 1,15 kg pro Einwohner und Tag, die fast vollständig von der jeweiligen kommunalen oder beauftragten Müllabfuhr erfasst. Ein Großteil dieser Abfälle wird in offizielle Mülldeponien verbracht und dort kontrolliert gelagert. In den Ballungsgebieten gibt es weiterhin Sortieranlagen und es entwickelt sich eine Industrie für die Verarbeitung von wiederverwertbaren Abfällen (Kunststoffe, Glas, Papier und Pappe), die zumeist von Müllsammlern sowohl direkt auf der Straße als auch in den Deponien gesammelt werden.
Besonders in den nördlichen Provinzen sowie im Landesinnern von Zentralargentinien fehlt es dagegen an ausreichend ausgestatteten Mülldeponien, und so gelangen noch immer knapp 25% der Siedlungsabfälle auf offene, unkontrollierte Müllkippen.
In Argentiniens Industrie fallen jährlich weitere 12 Mio. Tonnen Abfälle an, zu denen teilweise gefährliche, toxische und pathogene Stoffe gehören, von denen jedoch weniger als 10% fachgerecht behandelt werden. Die größten Abfallverursacher sind das verarbeitende Gewerbe, gefolgt von der Öl- und Bergbauindustrie und der Wasser- und Abwasserversorgung.
Die Zahl der aktiven Unternehmen, die Industrie-, Sonder- und gefährliche Abfälle erzeugen, wird auf 402.000 geschätzt, von denen aber nur 30.500 diese Stoffe fachgerecht entsorgen und behandeln lassen. Es gibt im ganzen Land nur 121 Abfallbehandlungsanlagen, die ca. 8,5% der insgesamt anfallenden Industrieabfälle pro Jahr verarbeiten.
Die Pandemie (Covid-19) verschärfte das Problem der Behandlung und Entsorgung infektiöser Krankenhausabfälle. Jeden Monat fallen in Argentinien etwa 4.000 Tonnen pathogener Abfälle an, zu denen bestimmte Krankenhausabfälle zählen. Obwohl diese nur einen Teil des gesamten Abfallaufkommens in Gesundheitseinrichtungen ausmachen (ca. 20% der Gesamtmenge, von denen wiederum 5% als Sondermüll eingestuft werden), kam es bereits vor der Pandemie zu Klagen und Zweifeln an der sachgerechten Entsorgung dieser Abfälle. Sie stellen eine potenzielle Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung dar. Es wird geschätzt, dass die Menge dieser Abfälle in den letzten zwei Jahren um mehr als 30% anstieg.
Im argentinischen Bergbausektor besteht ein hohes Entwicklungspotenzial jedoch ist die entsprechende Infrastruktur im Vergleich zu anderen Bergbauländern wenig ausgebaut. Auch auf die Herausforderungen des Umweltschutzes, um die Auswirkungen der Bergbauaktivitäten zu verringern, wird bisher wenig reagiert. Hier ist u.a. Quecksilber ein wichtiges Thema. Seit 2015 ist der Quecksilbermarkt in Argentinien nicht mehr aktiv und Quecksilberabfälle werden infolgedessen ohne weitere Behandlung gelagert, obwohl eine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Entsorgung gefährlicher Abfälle besteht. Allein die größte Mine des Landes hatte 2018 ca. 370 Tonnen Flüssigmetall gelagert.
Aus dem vorher beschriebenen wird offensichtlich, dass gefährliche Industrieabfälle in Argentinien an vielen Orten (vor allem im Landesinneren) eine große Bedrohung für die Bevölkerung, die Umwelt und das Trinkwasser darstellen. Die Behandlung ist insgesamt unzureichend und es fehlt sowohl an Bewusstsein in der Bevölkerung allgemein als auch an Fachwissen zu Alternativen und dem technologischen Angebot für die Behandlung und Wiederverwertung von Abfällen.
Genau hier tun sich Chancen für deutsche Unternehmen auf. Technologie und Ausrüstung wird insbesondere in den folgenden Bereichen benötigt: Lösungen zur Abfallbehandlung in der Bergbau-, Stahl-, Papier-, landwirtschaftlichen und petrochemischen Industrie, Behandlung infektiöser Krankenhausabfälle, kommunale Schadstoffsammlung, Behandlung von Deponiegas (Methan), Beratung zu Möglichkeiten der Abfallbehandlung sowie für die Einführung von Umweltschutzmechanismen in bestehenden Deponien.
Vor diesem Hintergrund organisiert die AHK Argentinien gemeinsam mit der enviacon GmbH vom 27. Juni bis 1. Juli 2022 eine Geschäftsanbahnungsreise für deutsche Unternehmen aus dem Bereich Abfallwirtschaft und Recycling im Rahmen des Markterschließungsprogramms des BMWK. Anmeldeschluss ist der 11. April 2022. Weitere Informationen zur Reise erhalten Sie hier.
Kontakt: Christina Keim | ckeim(at)ahkargentina.com.ar